Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin

Auftakt

»Viele Menschen fürchten den Weg der Selbsterkenntnis, weil sie Angst haben, ihre eigenen Abgründe könnten sie verschlingen. Christen und Christinnen wissen – wenn auch oft nur theoretisch –  dass Christus alle Abgründe des Menschseins durchlebt hat und mit uns geht, wenn wir die ehrliche Auseinandersetzung mit uns selbst wagen. Weil Gott uns bedingungslos liebt – samt unserer Abgründe und dunklen Seiten – brauchen wir uns selbst nicht auszuweichen. Im Licht dieser Liebe kann der Schmerz der Selbsterkenntnis zugleich der Beginn unserer Heilung und Ganzwerdung sein. Gott liebt uns auch, wenn wir diesen Weg nicht gehen; aber wir selbst bringen uns auf diese Weise um viele Früchte der göttlichen Liebe.

Andreas Ebert, Hg. des »Enneagramms«


Typen 9 - 8 - 1

»Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.« (Matthäus 5,9)

»Gehören Sie zu den Menschen, die einfach nicht in die Gänge kommen? Die im Restaurant eine halbe Stunde brauchen, um sich für ein Gericht zu entscheiden und dann, wenn die Kellnerin endlich kommt, doch etwas anderes wählen? Die ganz viele Interessen und Gaben haben, aber sich ständig verzetteln? Die erst mal jeden Standpunkt verstehen können? Die bei einer Diskussion einfach übersehen werden? Die in Konfliktsituationen versuchen, es um des lieben Friedens Willen jedem Recht zu machen, selbst wenn sie dabei unglücklich sind? Und die dieses Unglück dann gern mal mit Süßigkeiten, Alkohol oder anderen „Ersatzbefriedigungen“ betäuben? Und die, wenn sie die Wahl haben, eine Stunde in der Hängematte zu liegen oder die Welt zu retten, die Option Hängematte ernstlich in Erwägung ziehen? Dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht ganz klein, dass Sie eine Neun sind.«

»Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Himmelreich.« (Matthäus 5,9)

»Gehören Sie zu den Menschen, die alles stets im Griff haben? Bei denen die Bedienung stramm steht, wenn sie ein Restaurant betreten? Und die, falls es beim ersten Mal nicht gleich klappt, energisch dafür sorgen, dass es beim nächsten Mal so ist? Regt es Sie auf, wenn Menschen sich ungeschickt anstellen oder Ihnen widersprechen? Neigen Sie zu der Überzeugung, dass, wer es im Leben zu nichts bringt, es offenbar auch nicht verdient hat? Werden Sie, wenn Sie sehen, wie jemand hilflose Wesen quält, zum Tier? Geraten Sie oft mit anderen in Streit? Und streiten Sie sogar gern? Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie eine Acht sind.«

»Selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.« (Matthäus 5,6)

»Gehören Sie zu den Menschen, die unter Unvollkommenheiten regelrecht leiden? Bei denen immer alles seine Ordnung haben muss? Sind Sie der ›Ich nehme das Schnitzel, aber bitte mit Salat statt Pommes‹-Typ? Kennen Sie das Glück des vollkommenen Moments? Ist es wichtig für Sie, dass Sie sich ›im Recht‹ fühlen? Setzen Sie sich mit Engagement und Zielstrebigkeit für die Verbesserung von Verhältnissen ein, die Sie als verbesserungsbedürftig empfinden? Spornen Sie andere an, ihre Leistungen zu verbessern? Haben Sie immer eine Schere im Kopf, die Ihnen sagt, was Sie dürfen und was Sie nicht dürfen? Waren Sie ein Musterkind? Schämen Sie sich, wenn Sie zornig werden? Wundern Sie sich manchmal darüber, dass andere sich von Ihnen kritisiert fühlen? Dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht ganz klein, dass Sie eine Eins sind.«


Typen 3 - 2 - 4

»Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.« (Matthäus 5,8)

»Gehören Sie zu den Menschen, die ständig in Aktion sind? Die im Restaurant nur einen kurzen Blick in die Karte werfen und schon wissen, was sie wollen? Die sich für ihre Projekte intensiv einsetzen und alles für deren Erfolg tun? Die schon über deren Ausführung nachdenken, wenn die andern noch nicht mit der Entscheidung fertig sind? Die sich voll mit ihrer Arbeit identifizieren und Kritik an ihrer Firma schlecht vertragen können? Die auch Entspannung und Urlaub für ›Projekte‹ halten, die erfolgreich sein müssen? Die Aussprüche wie ›Geht nicht gibt’s nicht‹ und ›Der Zweck heiligt die Mittel‹ für gegebene Wahrheiten halten? Die bei einem Gespräch immer sofort wissen, wie sie ihre Gesprächspartner zu nehmen haben? Die in Konfliktsituationen immer einen dritten Weg in Petto haben? Die über die Antwort auf die Frage ›Wie fühlst Du Dich?‹ erst einmal nachdenken müssten? Die ein Misserfolg echt aus der Bahn wirft, falls er nicht ganz schnell zu den Akten gelegt werden kann? Und die, wenn sie einmal nicht gewinnen oder bei den Besten sind, gleich das Gefühl haben, sie sind überhaupt nichts wert? Dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht ganz klein, dass Sie eine Drei sind.«

»Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.« (Matthäus 5,7)

»Gehören Sie auch zu den Menschen, die einfach nicht den Mund halten können, wenn jemand zu ihnen sagt: Ich brauche Dich? Und die dann abends nach der Sitzung mit einem Protokoll, einem zu backenden Kuchen, der Kinderbetreuung am Straßenfest und wer weiß was noch dasitzen, weil sie einfach wieder nicht ›Nein‹ sagen konnten? Und sich fragen, wann sie das alles machen sollen? Haben Sie manchmal das Gefühl, von anderen ausgenutzt zu werden? Immer nur zu geben und nicht genug zurück zu bekommen? Können Sie die Stimmungslage Ihres Gesprächspartners am Heben seiner Augenbraue ablesen? Fühlen Sie sich durch Ablehnung und Kritik persönlich gekränkt? Sind Sie vernarrt in kleine Kinder? Haben Sie immer noch ihre Kuscheltiere im Bett? Flirten Sie im Restaurant mit dem Personal? Liegt Ihnen das Wohl von Schutzbedürftigen fast mehr am Herzen als Ihr eigenes? Wissen Sie sofort, was die anderen brauchen? Neigen Sie in einer Beziehung dazu, nur für den Partner zu leben? Dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht ganz klein, dass Sie eine Zwei sind.«

»Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.« (Matthäus 5,5)

»Fürchten Sie sich vor Gewöhnlichkeit? Ist Ihnen in einem Restaurant das Ambiente mindestens ebenso wichtig wie das Essen? Verdirbt das Hässliche und Gemeine Ihnen den Appetit? Inszenieren Sie Ihr Zuhause und ihren Alltag als Gesamtkunstwerk? Achten Sie bei der Auswahl Ihrer Kleidung darauf, nicht ›gewöhnlich‹ zu sein? Sehnen Sie sich häufig in die Ferne oder nach der ganz großen Liebe? Weinen Sie gern? Drücken Sie Ihren Weltschmerz in Bildern, Gedichten oder Geschichten aus? Fühlen Sie sich im Hier und Jetzt verloren und unverstanden? Ist Ihre Liebe zu Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin oft gerade dann am größten, wenn er oder sie nicht da ist? Und wenn er oder sie dann in der Nähe sind, springen Ihnen wieder all die Unvollkommenheiten ins Auge, und sie ertappen sich beim Nörgeln? Dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht ganz klein, dass Sie eine Vier sind.«


Typen 6 - 5 - 7

»Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen. Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden.« (Matthäus 5,11-12a)

»Haben Sie einen sechsten Sinn für drohende Gefahren? Sind Treue und Pflichterfüllung in einer Beziehung das wichtigste für Sie? Warten Sie im Restaurant erst ab, was Ihre Begleitung bestellt, bevor Sie sich entscheiden? Finden Sie bei Plänen und Projekten oft ›das Haar in der Suppe‹? Haben Sie Mühe, an Ihre eigenen Fähigkeiten oder den eigenen Erfolg zu glauben? Werden Sie skeptisch, wenn Sie überschwänglich gelobt werden? Fühlen Sie sich in einer Gruppe wohler, wenn Sie wissen, wer das Sagen hat? Neigen Sie zu waghalsigen Unternehmungen, um ihre Ängste zu überwinden? Platzt Ihnen manchmal unverhofft der Kragen? Würden Sie Ihre Familie und Ihre Freunde ohne zu zögern mit Ihrem Leben verteidigen? Dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht ganz klein, dass Sie eine Sechs sind.«

»Selig sind die geistlich Armen, denn ihrer ist das Himmelreich.« (Matthäus 5,3)

»Vielleicht gehören Sie ja auch zu den Menschen, die am liebsten ihre Ruhe haben? Die im Restaurant, wenn sie sich überhaupt überwinden können, hineinzugehen, im hintersten Eckchen sitzen? Und zwar genau da, wo Sie alles sehen können, aber selbst nicht gesehen werden? Haben Sie bei Spaziergängen gern ein Fernglas oder eine Kamera dabei? Faszinieren Sie Blicke durch ein Mikroskop oder Teleskop? Schauen Sie im Fernsehen am liebsten die Wissenschaftssendungen und Dokumentationen? Fühlen Sie sich am wohlsten, wenn sie still sitzen und nachdenken können? Glauben Sie, dass Sie auf Ihrem Fachgebiet auch nach lebenslangem Studium noch nicht genügend Bescheid wissen, um andere zu belehren? Sammeln Sie gern? Ertappen Sie sich dabei, ihre angeborene Askese manchmal bis zum Geiz zu treiben? Wissen Sie in gefühlsgeladenen Momenten nicht, was Sie sagen sollen und suchen nach dem Mauseloch? Hören Sie von Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin, dass Sie ihnen zu wenig emotionale Aufmerksamkeit schenken? Während Sie doch den Eindruck haben, schon über jedes Maß Gefühle gezeigt zu haben? Dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht ganz klein, dass Sie eine Fünf sind.«

»Selig sind, da da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.« (Matthäus 5,4)

»Gehören Sie auch zu den Menschen, die in allem das Positive sehen? Die immer wieder kindlich staunen können über das Geschenk des Lebens? Die im Restaurant sofort ein freundschaftliches Verhältnis zum Personal haben und genießerisch etwas Exquisites auf der Karte aussuchen? Die eine magische Anziehung auf Kinder haben? Und deren Terminkalender von aufregenden und anregenden Terminen nur so überquillt? Und haben Sie das Gefühl, es könnten trotzdem ruhig noch mehr solcher Termine sein? Planen Sie begeistert Ihren Urlaub, und kann das Ziel nicht weit genug weg sein? Können Sie über sich selbst lachen? Und haben Sie immer einen passenden Witz auf der Zunge – selbst in unpassenden Situationen? Dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht ganz klein, dass Sie eine Sieben sind.«


Enneagramm - Schlusstakt

Möchten Sie auch manchmal anders sein? Anders, als Sie sich so alltäglich erleben?  Wie wären Sie gern? Und was hindert Sie daran, so zu sein, wie Sie gern wären?

»Das Gute, was ich will, tue ich nicht, aber das Böse, das ich nicht will, das tue ich.« (Römer 7,19)

So hat es Paulus einmal gesagt, und so geht es zumindest mir auch oft. Immer tappe ich in dieselben Fallen.